Wohnraumzweckentfremdung – möblierte Apartments in Berlin

 

Das Thema Wohnraumzweckentfremdung beschäftigt die Branche der Serviced Apartments in Berlin bereits längere Zeit. Unter anderem als Reaktion auf das Wachstum von Peer-to-Peer Plattformen, wie beispielsweise Airbnb, und um der Wohnungsknappheit in Berlin entgegenzuwirken, in dem es „fremdgenutzte“ Wohnungen dem regulären Mietmarkt zurückführt, ist seit Mai 2014 die Nutzung von Wohnraum in Berlin laut Zweckentfremdungsverbotsgesetz für andere Zwecke als Wohnzwecke genehmigungspflichtig, wenn

  • Die Nutzung von Wohnraum zur wiederholten, entgeltlichen, nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung, zur Fremdenbeherbergung, oder im Rahmen einer gewerblichen Zimmervermietung genutzt wird.
  • Die Nutzung von Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke erfolgen soll.
  • Wohnraum länger als sechs Monate leer steht.
  • Wohnraum baulich so verändert wird, dass dieser nicht mehr für Wohnzwecke genutzt werden kann.
  • Wohnraum gänzlich beseitigt wird.

Das Gesetz trat bereits am 1. Mai 2014 in Kraft, bot aber bei der Nutzung von Wohnraum, der bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes als Ferienwohnung oder Beherbung angeboten worden war, eine zweijährige Übergangsfrist, die jetzt am 30. April 2016 endet – allerdings ohne dass alle Fragen zufriedenstellend geklärt oder eine für alle betroffenen Anbieter akzeptable Lösung erreicht werden konnte. Die Konsequenz: Anbieter von Ferienwohnungen werden ohne Genehmigung zum Monatswechsel von legalen Anbietern zu illegalen.

Das sorgt für Unruhe und viel Bewegung. Laut Medienberichten hat zum Beispiel Airbnb kürzlich vielen Gastgebern von Ferienwohnungen gekündigt und sich insgesamt die Zahl der angebotenen Ferienwohnungen in Berlin seit März 2016 von 11.000 auf 6.500 (Quelle: Zeit online, 27.04.2016) stark reduziert. Von dem Zweckentfremdungsverbot betroffene Häuser haben sich außerdem zu einer Allianz zusammengeschlossen, um gemeinsam auf die Situation der betroffenen Apartmenthäuser aufmerksam zu machen. Der ApartmentAllianz Berlin e.V. vereint die Interessen von 62 Mitgliedern.

Wir haben Stephan la Barré, Vorsitzender des ApartmentAllianz Berlin e.V. und Geschäftsführer von berlinlofts, gebeten, uns zu diesem aktuellen Thema einige Fragen zu beantworten, die wir hier zusammengefasst haben.

Wie viele Apartments sind betroffen und um welche Dimensionen handelt es sich?

Die ApartmentAllianz Berlin besteht zurzeit aus 62 Mitgliedern, die mehr als 700 Apartments in der Stadt anbieten. All diese Mitglieder sind von dem Gesetz der Wohnraumzweckendfremdung betroffen und stehen nun vor der Frage: Wie geht es weiter? Alle Anbieter, die nach dem 30. April 2016 noch Ferienwohnungen anbieten, gelten ab dann theoretisch als illegal. Ob diese Apartments dann schließen, hängt ganz von den Betreibern ab. Viele hoffen auf ein Moratorium – einen Aufschub, der den Vermietern noch Zeit bringt um vor Gericht den Bestandschutz zu erstreiten. Schließlich geht es hierbei nicht nur um wenige Unterbringungsmöglichkeiten von Berlin-Besuchern, sondern letztendlich auch um Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen. Der ApartmentAllianz zufolge sind in ganz Berlin konkret mindestens 3.500 Arbeitsplätze betroffen, die natürlich auch in den nachgelagerten Branchen ihre Auswirkungen haben werden.

Welche Alternativen gibt es zur Schließung der Apartments?

Eine Alternative stellt wahrscheinlich die langfristigere Vermietung der Apartments dar. Möblierte Wohnungen, die länger als zwei Monate an Gäste vermittelt werden, fallen laut juristischer Einschätzung bei dem Zweckentfremdungverbot-Gesetz (ZwBbG) durch das Raster und werden somit geduldet. Einige Anbieter der jetzigen Apartments vermieten diese bereits langfristig und möbliert, um die Gerichtsverfahren abzuwarten.

Worin bestehen die größten Reibungspunkte, die eine Einigung verhindern?

Diese besteht sicherlich darin, dass die Stadt Berlin das Zweckentfremdungsverbotsgesetz am 29. November 2013 beschlossen hat, jedoch nicht mit den betroffenen Apartmentvermittlern zusammenarbeitet, sondern mit dem Hotel- und Gaststättenverband Berlin (DEHOGA). Dieses Vorgehen ist im Falle der Ferienwohnungsanbieter nicht der richtige Weg und daher wenig zielführend. Was fehlt, ist die Kommunikation zwischen den betroffenen Häusern und der Stadt Berlin.

Wie sieht die Zukunft aus?

Wie die Zukunft aussieht, wird sich zeigen. Im Moment stehen etwa 6.500 Serviced Apartments, die vermeintlich für andere Zwecke genutzt werden, einem Wohnungsbestand von insgesamt 1,9 Millionen Wohnungen gegenüber. Somit wird nur ein verschwindend kleiner Teil der Wohnungen für Apartmentzwecke genutzt; die Betreiber von offiziellen Apartmenthäusern führen jedoch, wie auch Hotels oder andere Beherbergungsbetriebe, die ortsübliche City Tax in Höhe von 5 Prozent sowie mehrere Millionen Euro Umsatz- und Einkommensteuer ab.

Außerdem müsse Berlin mit seinen Möglichkeiten wachsen und sich der Dynamik am Markt anpassen. Berlin, die Hauptstadt, die einen Besucherrekord nach dem nächsten jagt, benötigt neben Hotels auch Alternativen am Markt. Ferienwohnungen und Serviced Apartments sind individuell, zu Zeiten der Sharing Economy gefragter denn je und bieten den Gästen ein besonderes Erlebnis. Es handelt sich hierbei um ein stark boomendes Segment.

Der 1. Mai 2016 und die darauffolgenden Wochen werden zeigen, zu welcher Lösung es kommen wird. Schließlich geht es bei diesem Thema um mehr als nur Ferienwohnungen. Am 15. April 2016 hat die ApartmentAllianz gemeinsam mit Wimdu, ein Online-Portal für Ferien-Apartments, Klage gegen das Zweckendfremdungsverbot-Gesetz in Berlin eingereicht.

Wir sehen das Gesetz als unfair an: Betreiber möblierter Apartments müssen am 1. Mai ihre Geschäfte schließen und Mitarbeiter entlassen. Alle anderen Zweckentfremder bekommen unbegrenzten Bestandsschutz und dürfen Wohnungen auch weiterhin gewerblich nutzen. Das ist verfassungswidrig! Wir fordern daher gleiches Recht für alle!

Wir danken Stephan la Barré für seine Zeit und die ausführliche Beantwortung der Fragen und sind gespannt auf die nächsten Entwicklungen.

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